Kaum ist der Glücksspielmarkt in Schweden geöffnet, da sorgt dieser bereits für haufenweise Diskussionen. Anders als aber vielleicht zu erwarten gewesen wäre, beklagt sich nicht die Politik über die Branche. Stattdessen geht es genau andersherum: Die Branche übt Kritik an der Politik und beschwert sich darüber, dass der Markt zu stark unter Regulierungen leidet, gleichzeitig aber auch nicht intensiv genug geschützt werde.
Quartalszahlen sorgen für Gesprächsbedarf
Seit dem 1. Januar 2019 findet das Glücksspiel in Schweden noch einmal auf einer ganz anderen Ebene statt. Konnte dies bis dato nur von staatlichen und lizenzierten Unternehmen angeboten werden, ist das Online-Glücksspiel mittlerweile auch für ausländische Unternehmen geöffnet. Diese benötigen zwar nach wie vor eine Lizenz, dennoch erhofft man sich durch die zunehmende Vielfalt natürlich auch ein attraktiveres Angebot für die Spieler. Bereits seit dem ersten Tag wird die Branche natürlich genauestens begutachtet und die dazugehörigen Zahlen mit Spannung verfolgt. Genau das ist auch aktuell der Fall. Die schwedische Glücksspielbehörde Spelinspektionen hat die aktuellen Quartalszahlen der Branche veröffentlicht und damit eine kräftige Diskussion angestoßen. Vor allem geht es darum, dass sich die Branche über zu strenge Regulierungsmaßnahmen beschwert. Diese seien nicht förderlich für das Geschäft.
Eigentlich gibt es für die Online-Anbieter allerdings gar keinen so großen Grund zur Klage. Wie die Quartalszahlen verdeutlichen, haben die Umsätze der Online-Unternehmen nämlich um rund eine Million Euro zugelegt. Die Gesamtumsätze der schwedischen Glücksspielbranche sind hingegen um rund 3,5 Prozent gegenüber dem vorherigen Quartal gesunken. Ergo: Die Online-Anbieter laufen dem Rest der Branche so langsam, aber sicher den Rang ab.
Branchen-Kritik: Spieler werden zu illegalen Anbietern gedrängt
Trotz dieser eigentlich schönen Entwicklung gibt es für die Glücksspielbranche allerdings auch einige Kritikpunkte. So würde sich laut der Behörde zum Beispiel nicht untersuchen lassen, wie viel die Spieler bei Anbietern ohne Lizenz aus Schweden spielen würden. Geschätzt wird vom Marktforschungsunternehmen H2 Gambling Capital, dass gut 500 bis 600 Millionen schwedische Kronen (46 bis 56 Millionen Euro) an Anbieter flossen, die nicht in Schweden lizenziert sind. Das würde umgerechnet laut dem Unternehmen wiederum bedeuten, dass „nur“ rund 85 bis 87 Prozent aller schwedischen Einsätze bei einem lizenzierten Anbieter platziert werden würden. Die schwedischen Behörden strebten bei der Eröffnung des Marktes allerdings einen Wert von 90 Prozent an.
Dass trotz der Vielfalt auf dem legalen Markt noch immer großes Interesse an den Anbietern ohne Lizenz besteht, liegt laut Gustaf Hoffstedt, dem Generalsektretär von BOS, insbesondere am Verhalten der schwedischen Behörden. Diese reguliere den Markt schlichtweg zu sehr und mache die Arbeit für die legalen Anbieter damit unattraktiv. „Niemand, der den politischen Ausbruch und die astronomischen Bußgelder für lizenzierte Glücksspielunternehmen beachtet hat, kann sich über die aktuelle Entwicklung wundern. Meine Einschätzung ist, dass der Rückgang nur ein Teil eines trends ist. Wenn die Regierung nicht entschlossen genug ihre eigene Regulierung schützt, wird diese Kanalisierung wahrscheinlich weiter zunehmen“, so Hoffstedt.
Ernst der Lage nicht verstanden?
In seiner Kritik an der Arbeitsweise der Behörden äußerte sich Hoffstedt auch dahingehend, dass diees den Ernst der Lage noch immer nicht verstanden hätten. Dies würde sich dadurch zeigen, dass zum Beispiel noch immer Vermarktungsbeschränkungen ins Leben gerufen werden oder beliebte Glücksspielprodukte keine Zulassung für den Markt erhalten. Eine derartige Situation dürfe nicht länger anhalten, da sich die Behörden auf diesem Wege ungewollt zum besten Freund der illegalen Anbieter machen würden. Mit dieser Einschätzung steht Hoffstedt keinesfalls allein dar. Erst vor wenigen Tagen äußerte sich auch der Gründer von Ladbrokes North, Douglas Roos, kritisch gegenüber dem Vorgehen der Behörden. So bemängelte Roos, dass die Legalisierung zwar ein richtiger Schritt gewesen sei, sich die Behörden mittlerweile aber auf ein vollkommen falsches Ziel fokussieren würden. Statt die illegalen Anbieter aus dem Ausland ins Visier zu nehmen, würden sich die Behörden auf die Anbieter konzentrieren, die mit einer offiziellen Lizenz arbeiten. Diese müssten schon bei kleineren Verstößen enorme Geldstrafen befürchten. Angesichts der Tatsache, dass diese Unternehmen aber Steuern in Milliardenhöhe zahlen würden und gleichzeitig belegt darauf ausgerichtet wären, den Spieler zu schützen, sei dies eine traurige Entwicklung. Roos selber war in den vergangenen Jahren immer wieder als Befürworter der Legalisierung aufgetreten und hatte sich in seiner Position massiv für diesen Schritt eingesetzt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die aktuellen Herausforderungen in Schweden somit sehr gut verdeutlichen, wie komplex die Legalisierung der Online-Branche letztendlich ist. Die Regierung und ihre Behörden müssen bestens auf diesen Schritt vorbereitet sein. Ein wichtiger Bestandteil ist hier nämlich nicht nur die Vergabe der Lizenzen, sondern auch der Schutz des geöffneten Marktes. Schweden wäre nicht das erste Land, welches seine aufstrebende Glücksspielbranche im digitalen Bereich durch zu starke Regulierungen ausbremst. Die Erfahrungen anderer Länder zeigen tatsächlich, dass eine derart strenge Regulierung vor allem als Vorteil für den Graubereich und den Schwarzmarkt bezeichnet werden kann. Derartige Anbieter erfreuen sich dann eines deutlich größeren Zulaufs, weil das legale Angebot aufgrund der Regulierungsvorgaben mit diesen schlichtweg nicht mehr mithalten kann.
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